Video: Qualitätsbewusstsein in Projekten

Warum sinkt die Qualität wenn der Druck steigt

Peter Siwon erklärt in diesem AHA-Clip, warum sich das Qualitätsbewusstsein von Projektteams unter Druck dramatisch verändern kann, was dahinter steckt und welche Maßnahmen ergriffen werden können.

Der Text des AHA-Clips zum Nachlesen:

Hallo, ich freue mich, dass Sie diesen AHA-Clip ausgewählt haben. AHA-Clips sind kurze Episoden aus meinen Seminaren rund um „Die menschliche Seite des Projekterfolgs“. Sie zeigen Ihnen Erklärungen, die meine Seminarteilnehmer oft als AHA-Erlebnis empfinden. Diesmal geht es um …

Bedürfnisse verändern Qualitätsempfinden

Vielleicht ist Ihnen bei Projekten auch schon folgendes Phänomen aufgefallen. Das Team startet mit hohen Qualitätsansprüchen. Doch wenn der Druck steigt, weil der Abgabe-Termin naht, der Chef oder Kunde Druck macht, dann werden viele gute Vorsätze über Bord geworfen. Es wird gebastelt, was das Zeug hält und die Dokumentation vernachlässigt. Die Folgen sind nur allzu bekannt: Qualitätsmängel, Ärger mit Kunden, Wartungskosten, usw. Das Erstaunliche daran ist, dass wir scheinbar unter Druck diesen Qualitätsfrevel nicht wirklich wahrhaben wollen. Oder können wir es vielleicht nicht?

Ich werde Ihnen mit Hilfe von drei Äpfeln zeigen, dass wir es nicht können. Stellen Sie sich vor, Sie gehen auf einen Markt und wollen sich einen Apfel kaufen. Wie würde der wohl aussehen? Meiner wäre groß, glänzend, knackig, rotbackig.

Jetzt stellen Sie sich vor, Sie sind auf einer Bergtour und kommen hungrig am Gipfel an, öffnen Ihren Rucksack und oh Schreck, Sie haben Ihre Brotzeit vergessen. Die nächste Hütte ist 4 Stunden Fußmarsch entfernt. Sie stiefeln frustriert los und welch Glück, rechts am Wegesrand, unter einem alten, verwitterten Apfelbaum liegt ein einsamer Apfel. Er ist kleiner als der im Supermarkt, er hat ein paar Flecken und eine kleine braune Druckstelle vom Fall. Was würden Sie mit dem Apfel tun? Es gibt zwei typische Antworten: 1) Aufheben und Essen 2) Aufheben, Abwischen und Essen.

Ok, jetzt steigern wir die Dramatik. Sie sind in der Wüste unterwegs. Sie haben sich verlaufen. Seit 2 Tagen haben Sie nichts mehr gegessen und seit einem halben Tag nichts mehr getrunken, und das ist in der Wüste wirklich lang. Mittlerweile sind Sie zum Kriechtier geworden und kriechen auf allen vieren durch den heißen Sand. Und da, was für ein unglaubliches Glück, rechts neben Ihrer Kriechspur ein Apfel. Etwas verschrumpelt, angebissen und ein verzweifelter Wurm schaut Sie an. Nun die Frage: Was tun Sie mit dem Apfel? Was tun Sie mit dem Wurm? Ich vermute, dass Sie so antworten, wie die meisten in meinen Seminaren: Ich esse den Apfel samt Wurm! Und ich wette mit Ihnen, dass Sie in Ihrem ganzen Leben keinen so wunderbaren Apfel gefunden haben.

Was lernen wir daraus?

Unser Empfinden für Qualität ist sehr stark davon abhängig, wie groß unser Wunsch ist, ein drängendes Bedürfnis zu befriedigen. Je stärker das Bedürfnis, umso mehr werden die Qualitätsansprüche heruntergefahren. Das Besondere dabei ist, dass wir in vielen Situationen nicht merken, wie sehr unsere Bedürfnisse unser Qualitätsempfinden verändern. In der Projektarbeit verändert unser wachsendes Bedürfnis, den Druck loszuwerden, unser Qualitätsempfinden für Ausführung und Dokumentation. Wir können den Qualitätsverfall nicht so stark empfinden, wie er objektiv ist. Deshalb brauchen wir Qualitätsbeauftragte, Tester, Quality Gates, Metriken, Reviews usw. Wir brauchen diese Hilfen und Helfer schlichtweg, weil wir Menschen mit Bedürfnissen sind, die stärker werden können als der Verstand.

Schauen Sie genau hin, dann werden Si dieses Phänomen auch in Ihren Projekten entdecken!

Viel Erfolg!