Mehr Projekterfolg durch Pausen im Grünen und Schlaf
09.03.2013, Peter Siwon: Unsere körperliche und geistige Fitness hängt sehr stark davon ab, dass Aktivität und Ruhepausen in einem richtigen Verhältnis zueinander stehen. Im Folgenden finden Sie einige interessante Erkenntnisse der letzten Jahre, die die Bedeutung von Pausen und Schlaf auf neue und zum Teil unerwartete Weise belegen.
2004 wurde im Schlaflabor der Universität of Chicago von Eve van Cauter festgestellt, dass Schlafmangel Hungergefühle erzeugt. Laut einer Umfrage des Forsa-Instituts gibt jeder zweite Deutsche an, dass er zu wenig Schlaf findet. Die Schlafdauer in Industriestaaten hat sich in den letzten Jahrzehnten um 2 Stunden verkürzt. Gleichzeitig hat sich die Anzahl übergewichtiger Personen massiv erhöht. Gibt es hier einen Zusammenhang?
Dieser Frage ging 2011 Peter Jones von der University oft Manitoba (Kanada) nach. Er untersuchte die Ernährungsvorlieben ausgeschlafener und übermüdeter Versuchspersonen und stellte fest, dass Schlafmangel dazu führte, dass mehr und ungesünder gegessen wurde. Eine weitere Studie stellte fest, dass unausgeschlafene Menschen sich nicht nur weniger sondern auch langsamer bewegen. Hinzu kommt, dass das für den Stoffwechsel notwendige Insulin bei Schlafmangel nicht in ausreichender Menge bereitgestellt wird. All diese Faktoren führen dazu, dass der Körper nach und nach in einen immer schlechteren Zustand (Übergewicht, Stoffwechselstörungen) driftet.
Zudem nimmt unser Gehirn während des Schlafs wichtige Konsolidierungsprozesse vor. Die während des Tages gesammelten Informationen werden dabei sortiert und gefiltert. Das Bewusstsein ist zwar in Ruhe- und Schlafphasen abgeschaltet, doch viele Gehirnbereiche (Default Mode Network) sind in diesem Zustand (Default Mode) besonders aktiv. 60-80% der Energie (sog. dunkle Energie des Gehirns), die das Gehirn verbraucht, ist unabhängig von äußeren Einflüssen. Sie dient internen Verarbeitungsprozessen, die unabhängig vom bewussten Denken ablaufen. Wenn Sie beispielsweise diesen Text lesen, verbraucht Ihr Gehirn nur etwa 5% mehr Energie als im Default Mode. Einige Gehirnregionen senken ihre Aktivität, wenn wir uns bewusst einer Aufgabe widmen, und steigern sie in den Ruhephasen. Dies deutet darauf hin, dass in der Zeit der Entspannung wichtige Verarbeitungs- und Koordinationsprozesse ablaufen, die erlebtes verarbeiten, Lernprozesse in Gang setzen und uns somit auf unser künftiges Verhalten vorbereiten. Leider neigen wir dazu, auch unsere Arbeitspausen durch Aktivität zu füllen. Nichtstun und Nichtsdenken fallen uns leider schwer im Zeitalter der Hyperaktivität und Informationsüberflutung. Viele Menschen schlafen nicht nur zu wenig sondern machen auch zu selten wirkliche Denkpausen. Hier können einfache Methoden wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung helfen. Der Vorteil dieser Entspannungsverfahren ist, dass sie sich problemlos in ihre Pause einbauen lassen, da sie wenig Zeit und keinen besonderen Raum benötigen.
Welche Umgebung hilft uns dabei, uns bestmöglich zu entspannen? Dank moderner Methoden der Hirnforschung ist es möglich, experimentell festzustellen, wie sich verschiedenen Umgebungen auf unsere Hirntätigkeit auswirken. So wurden Testpersonen Filme eines Traumstrands und einer viel befahrenen Straße gezeigt – beide von dem gleichen lauten Rauschen begleitet. Die dabei gemachten Aufnahmen der Hirntätigkeit zeigten sehr unterschiedliche Erregungszustände verschiedener Gehirnregionen. Bei der Betrachtung der Naturkulisse richten die Menschen ihren geistigen Blick quasi nach innen und finden so besser ihr seelisches Gleichgewicht. Diese Ergebnisse könnten die Hypothese der Biophilie (Edward O. Watson, Harvard University, Boston) belegen, die besagt, dass der Mensch eine angeborene Verbundenheit gegenüber allem Lebendigen hat und das Naturleben braucht, um gesund und glücklich zu sein. Denkbar ist aber auch, dass wir Strand- und Natur stark mit Urlaub und Entspannung assoziieren. Dagegen verbinden wir befahrenen Straßen mit Stress, Unfällen, den Gestank von Abgasen. Die positive Wirkung der Natur wurde durch eine großangelegte Studie (2009, Lolanda Maas, EMGO Institute for Health and Care, Amsterdam) belegt. Sie zeigte, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Gesundheit der Menschen und dem Pflanzenbewuchs in Ihrem Lebensumfeld gibt: 1% weniger Grün hatte denselben Effekt auf die Gesundheit wie ein zusätzliches Lebensjahr. Grün hält jung! Unter anderem dämpft Naturerleben die Wirkung von Stress. Japanische (2002, Takehito Takano, Universität Tokio) und englische Studien (2005, Richard Mitchell, University oft Glasgow und Frank Popham, University oft St. Andrews) belegen, dass die Lebenserwartung von Menschen, die mehr Gelegenheit haben Parks und Grünanlagen zu besuchen, größer ist. Es zeigte sich auch, dass sich Laune, Denkleistung und Konzentrationsfähigkeit von Menschen, die Ihre Pause in Parks verbringen, im Vergleich zu Stadtflaneuren erheblich steigerte. Sanfte natürliche Reize verbessern außerdem die Selbstkontrolle und senken Aggression (2001, Frances E. Kuo, University oft Illinois).
Diese Erkenntnisse unterstreichen die große Bedeutung von Ruhephasen und Naturerleben für unsere körperliche und geistige Fitness. Die bewusste Kombination und Gestaltung von Pausen, Nachtruhe und Aktivität gehört damit auch zu einer der wichtigsten Maßnahmen für nachhaltigen Projekterfolg. Gönnen Sie sich doch nach dem Lesen dieses Artikels eine Denkpause, schauen Sie zum Fenster hinaus oder machen Sie einen Spaziergang im Grünen in dem beruhigenden Gefühl, dass Ihr Gehirn in der Zwischenzeit viele wichtige Dinge für Sie erledigt. Denn regelmäßiges Nichtsdenken im Grünen macht schlau und gesund.
Quellen:
– Marcus E. Raichle, Im Gehirn herrscht niemals Ruhe, Spektrum der Wissenschaft 06/2010, s. 60
– Klaus Wilhelm, Die Kraft der Natur, Gehirn&Geist 5/2011, s. 44
– Manfred Hallschmid, Jan Born, Gut schlafen, besser essen, Gehirn&Geist 11/2011, s. 40
– Bild: Allee Chris Wrenger, fotolia.com